Wie die Faust aufs Auge!
Es passte tatsächlich wie die sprichwörtliche Faust aufs Auge: Am 19.10.2017 veranstalteten das Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft und Geologie des Freistaates Sachsen, die Sächsische Landesstiftung Natur und Umwelt und der Imkerverein Dresden e.V. den 4. Sächsischen Trachtpflanzentag. Am selben Tag wurde über die Studie über den Rückgang der Insektenpopulation in 63 deutschen Naturschutzgebieten um rund drei Viertel informiert. Ein für Imker sicher nicht allzu überraschendes Ergebnis. Besser kann es nicht passen!
Das Thema: Trachtpflanzen, Pflanzenschutz, Wild- und Honigbienen – eine Wechselbeziehung. Probleme von Wild- und Honigbienen, sofern sie nicht identisch waren, wurden in einem ausgewogenen Verhältnis behandelt.
Stadtrat Dr. Helfried Reuther verwies in seinem Begrüßungswort auf den vom Stadtrat beschlossenen „Maßnahmekatalog zum Schutz von Wild- und Honigbienen in Dresden und Umgebung.
In seinen einführenden Bemerkungen informierte Vereinsvorsitzender Tino Lorz über die Verankerung des Naturschutzes in der Vereinssatzung und das der Imkervein Dresden, auch aus diesem Grund, 2013 den 1. Trachtpflanzenztag in Leben gerufen hat. Moderiert wurde dir Veranstaltung von René Schieback, Beisitzer im Landesvorstand Sächsischer Imker.
Die erste Referentin, Mandy Fritzsche, Wildbienenbeauftragte des Imkervereins Dresden, stellte eine ganze Reihe von mehrjährigen Pflanzen vor, mit denen sich bestimmte Wildbienenarten zuverlässig in den eigenen Garten locken lassen und die den Bienen u.a. als Quelle der dringend benötigten „Spezialnahrung“ für ihren Nachwuchs dienen. Viel wichtiger als die sogenannten Insektenhotels, die überhaupt nur von etwa drei Prozent der Bienen genutzt werden, sind die Pflanzen, die die betreffende Biene für die Erhaltung ihrer Art benötigt.
Ronny Goldberg behandelte die Bedeutung von Ackerwildkräutern als Nahrungsgrundlage für Bienen. Es gibt Bienenarten, die neben der nahrungsgebenden Pflanze auch bestimmte Pflanzen benötigen, die ihnen das Nestbaumaterial liefern. Goldberg informierte auch darüber, dass der Raps zu einem erheblichen Teil von Wildbienen bestäubt wird. Es drängt sich der Gedanke auf, dass das nicht ein Ergebnis der guten Lebensbedingungen und sich ihrer daraus ergebenden Massenexistenz ist, sondern wohl eher ein Indiz für nicht genügend für die Bestäubung zur Verfügung stehende Honigbienen.
Gottfried Stecher trug seine Überlegungen zur Trachtverbesserung für Bienen in größere Zusammenhänge der Gegenwart eingeordnet vor: Bienen können bei der Dekarbonisierung und damit bei der Begrenzung der Klimaerwärmung helfen. Jede von einer Biene bestäubte Blüte bildet Biomasse und bindet Kohlenstoff. Bei der Honigproduktion wird Sonnenenergie ohne weiteren Energieeinsatz in hochwertige Nahrungsenergie umgewandelt. Nebenbei entsteht noch ein Ausgangsrohstoff für die chemische Produktion: Bienenwachs. In dem Maße, wie Bienenwachs eingesetzt werden kann, können fossile Rohstoffe in der Erde bleiben. Die Neugestaltung von Braunkohlefolgelandschaften sollte so erfolgen, dass Natur in höherer Qualität als vor der Kohleförderung geschaffen wird. Für die Schaffung von Bienenweide und damit für die Weiterentwicklung der Imkerei im Freistaat Sachsen unterbreitete er eine Reihe von Vorschlägen.
PD Dr. Werner Kratz von FU Berlin und NABU sprach über Pflanzenschutz und Verbesserung des Bienenschutzes. Er stellte dar, dass rund 80 % der Pflanzenarten der gemäßigten Breiten der Erde auf Fremdbestäubung angewiesen sind, worunter wiederum 80 % der Bestäubung durch Wild- und Honigbienen bedürfen. Laut Bundesamt für Naturschutz sind 35 % aller Arten von Bestäuberinsekten extrem bedroht. Kratz stellte Programme zu Lösungsansätzen vor und begründete weiteren Forschungsbedarf.
Zum Abschluss wies er darauf hin, dass der angebliche Einstein-Satz über das Verschwinden der Biene von der Erde allen Landwirten, Politikern, Wissenschaftlern oder einfachen der Natur Erholung Suchenden zu denken geben sollte.
Gottfried Stecher
Bienenzüchterverein Wurzen und Umgegend 1867 e.V.